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Der Neuanfang 1948
Mit weiteren Lockerungen der Verbotsbestimmungen rückte bald der Neuaufbau eines Spielmannszuges in den Bereich der Möglichkeiten. Es war ein Herzenswunsch des damaligen SGE - Vorsitzenden und vormaligen Stabführers im TV 1874, Fritz Schlapp, die durch den Krieg durchbrochene Tradition wieder aufleben zu lassen. Die Freude an der Musik war bei den meisten Spielmännern ungetrübt. 1933 war eine Gemeinschaft auseinander gerissen worden, die immer zu den Glanzpunkten des Vereins gehört hatte, so war es gar nicht verwunderlich, daß bei der ersten Zusammenkunft im Eigenheim im Herbst 1948 ein neuer Spielmannszug gegründet werden konnte. Die etwa 20 erschienen Männer waren alle ausgebildete Spielleute, so daß unverzüglich mit den Proben begonnen werden konnte. Zum Teil konnten die Instrumente aus dem Fundus des nicht mehr existierenden Feuerwehr-Spielmannszuges zurückgeholt werden, auch hatte so manche Flöte oder Trommel die Wirren der Zeit in Privatbesitz überstanden. Die Männer waren mit Eifer bei der Sache, so daß schon ein halbes Jahr später zum 1.Mai 1949 der neue alte Spielmannszug in der Öffentlichkeit auftreten konnte. Noch im gleichen Jahr wurde die Instrumentierung vervollständigt durch die große Trommel, Becken und Lyra. Das Geld für diese Anschaffungen stammte ausnahmslos aus den privaten Taschen der Spielleute, was wiederum in dieser entbehrungsreichen Nachkriegszeit für den Idealismus der Musiker spricht.Der Weg nach obenDie fünfziger Jahre brachten dem Spielmannszug einen stetigen Aufschwung sowohl in personeller als auch in leistungsmäßiger Sicht.Im Jahr 1952 wurde ein entscheidender Schritt für die Förderung des Nachwuchses getan, ein eigenständiger Schülerspielmannszug bot die Möglichkeit, schon im Kindesalter erste Erfahrungen mit der Musik zu sammeln. So mancher heute noch aktive Musiker wird sich gerne an diese Zeit erinnern. An dieser Stelle soll einmal dargestellt werden, mit welchen Schwierigkeiten die Spielleute damals zu kämpfen hatten. Kaum ein Spieler verfügte über auch nur geringste Notenkenntnisse, ein Umstand, der bei der heutigen Besetzung des Blasorchesters unvorstellbar wäre. Die Märsche wurden von den Musikern in mühsamer Kleinarbeit auswendig gelernt, was bedeutete, daß man nach Gehör einem anderen Kameraden nachspielte oder sich die Griffe an der Flöte abschaute. Eine Erweiterung des Repertoires um höchstens zwei oder drei Stücke pro Jahr war unter diesen Umständen ein hohes Übungsziel und kaum zu schaffen. Andere Schwierigkeiten bereiteten die Räume für den Übungsbetrieb. Selbst im dicksten Winter mußte man mit dem ungeheizten Saalbau des Eigenheims vorlieb nehmen und mehr als einmal war ein Spiel vor Allem mit den Flöten bei bitterer Kälte nicht möglich. Allen Widrigkeiten zum Trotz hatte der Spielmannszug enormen Zulauf, zeitweise wurden 60 Aktive gezählt. Fanfaren bereicherten ab 1953 den Klangkörper beträchtlich. Zur Finanzierung dieser neuen Instrumente hatte man sich etwas Besonderes einfallen lassen: mit klingendem Spiel führte man in den Ortsstraßen eine Streichholz - Verkaufsaktion durch, die Egelsbacher Bevölkerung honorierte diesen Einsatz. Mit Recht kann diese Ära als Glanzzeit der Egelsbacher Spielmannsmusik angesehen werden, die herausragende Stellung in musikalischer und in personeller Sicht in der Umgebung war unumstritten. Die Auftritte innerhalb und außerhalb der Ortsgrenzen nahmen dermaßen zu, daß es einigen Spielleuten schon fast zuviel des Guten wurde.